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Neues vom „Gföllbichl-Massaker“

27.09.2017 02:00

Spannende neue Ergebnisse präsentierten die Archäologen, die den Gföllbichl bei Mösern (Gemeinde Telfs) erforschen. Untersuchungen ergaben, dass die in der vorgeschichtlichen Siedlung gefundenen menschlichen Überreste nicht von einer, sondern von fünf Personen stammen! Möglicherweise fand in dem bei einem brutalen Angriff zerstörten Dorf eine Familie ihr schreckliches Ende.

Auf Einladung des Kulturvereins Mösern im Rahmen der Reile "Kultur á la carte" berichteten vergangene Woche die Archäologen Christoph Baur und Anja Mitterdorfer im Menthof über den jüngsten Stand der Gföllbichl-Forschung. Zur Erinnerung: Von 2013 bis 2015 grub ein Team des Instituts für Archäologie der Universität Innsbruck (Leitung: Prof. Gerhard Tomedi) in der etwa 2500 Jahre alten Siedlung. Dabei kamen neben Mauerfundamenten hunderte Fundstücke ans Licht – Keramikscherben, Werkzeuge, Schmuckstücke, Wagenteile und vor allem Waffen. Darunter allein 26 Pfeilspitzen, die offenbar bei einem kriegerischen Ereignis auf die Siedlung abgeschossen worden waren. Auch eingestürzte Mauerteile und verbrannte Balken zeigen: Das Dorf wurde angegriffen, erobert und – ganz wörtlich – dem Erdboden gleich gemacht.

Das Zerstörungswerk war vollkommen. Niemand baute die Gebäude wieder auf und niemand barg die Toten. So stießen die Ausgräber im Inneren der Befestigung auch auf verstreute menschliche Skelettteile. Die Überraschung dabei: Der Münchner Anthropologe George McGlynn stellte jetzt bei der genauen Untersuchung fest, dass es sich um die Überreste von nicht weniger als fünf Menschen handelt! Identifiziert wurden ein erwachsener Mann, ein „graziles erwachsenes Individuum“, das eine Frau sein könnte, ein Jugendlicher und zwei Kinder – eines 7 bis 9 Jahre alt, das andere im Kleinkindalter.
„Es könnte eine Familie gewesen sein, die hier einem Massaker zum Opfer fiel. Eindeutig würde das eine DNA-Analyse klären, dazu fehlt uns zurzeit aber leider das Geld“, informierte Anja Mitterdorfer.

Wer die Angreifer waren und worum es bei diesem Konflikt ging, bleibt im Dunkeln der Vorzeit verborgen. Auffallend ist die Heftigkeit, mit der dieser Kampf ausgetragen wurde. Vielleicht war es ein Streit um Ressourcen zwischen Nachbardörfern, vermuten die Ausgräber. Eine andere Möglichkeit: Da die „Ur-Möserer“ vom Gföllbichl beim Baustil und anderen Details von den damals in der Region üblichen Gebräuchen abweichen, könnte auch sein, dass hier das Dorf zugewanderter Siedler mit brutaler Gewalt vernichtet wurde.

Die Zuhörer im Menthof zeigten sich begeistert vom spannenden und aufschlussreichen Vortrag. Auf besonderes Interesse stießen auch Originalfundstücke, die an diesem Abend ausgestellt und von den Archäologen erläutert wurden. Die Restaurierungskosten für die Objekte hat die Gemeinde Telfs übernommen.

Raimund Horny vom Verein „Kunst & Kultur in Mösern“ verriet, dass es bereits Überlegungen gibt, die schönsten und aussagekräftigsten Stücke in Mösern in einer Dauerausstellung zu präsentieren.

Im Bild: Archäologin Anja Mitterdorfer beim Vortrag im "Menthof" in Mösern.

Fotos unten:

Bild 1: Christoph Baur, Anja Mitterdorfer und der Obmann des Vereins "Kunst & Kultur in Mösern" Raimund Horny (v. l.) bei der Begrüßung.

Bild 2: Menschliche Skelettteile, die am Gföllbichl ausgegraben wurden.

Bild 3: Insgesamt wurden 27 Pfeilspitzen gefunden. Sie waren beim Angriff vor rund 2500 Jahren auf die Siedlung abgeschossen worden.

Bild 4: Einige weitere Fundstücke. Im Vordergrund liegen verschiedene Arten von Dolch- und Hiebmessern, weiter hinten Lanzenspitzen.

(Fotos: MG Telfs/Dietrich)