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Telfs präsentiert trotz Corona ein Budget ohne massive Einschnitte

18.12.2020 11:43

Den Budgetvoranschlag von ca. 44,7 Mio. Euro mit 16:5 Stimmen mehrheitlich beschlossen hat der Telfer Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. Auch den Telfer Gemeindehaushalt prägen 2021 die Mindereinnahmen durch die COVID-19-Pandemie. Dennoch kann die Marktgemeinde aufgrund einer soliden Budgetpolitik wichtige Investitionen für Zukunftsprojekte tätigen. Größter »Brocken« wird 2021 der Ausbau der Kinderbetreuung.

Das Budget stehe klar im Schatten von Corona und es sei auch auf finanzieller Ebene ein harter Kampf gegen das Virus. Das macht Bgm. Christian Härting gleich zu Beginn seiner Budgetrede klar: „Wir stehen aktuell vor völlig veränderten Rahmenbedingungen. Die Klein- und Mittelbetriebe, die Grundpfeiler unserer Wirtschaft, sind schwer angeschlagen. Deren Umsatzrückgänge spiegeln sich durch eine Reduzierung der Kommunalsteuern auch in den Büchern der Marktgemeinde Telfs wieder.“ Bereits das Anfang September beschlossene Nachtragsbudget habe klar gezeigt: „Die Einnahmensituation ist dramatisch.“ In Zahlen: Die Kommunalsteuer dürfte von erwarteten 5,4 Mio. wieder auf unter 5 Mio. Euro sinken. Auch die Abgaben-Ertragsanteile seitens des Bundes schrumpfen von ursprünglich mitgeteilten 15,8 Mio. (mittelfristige Finanzplanung 2021 des Landes) auf unter 14 Mio. Euro. Das ergibt Mindereinnahmen von ca. 1,9 Mio. Euro. Dafür steigen die Sozialabgaben an das Land Tirol wieder deutlich an, in Summe um 284.000,- Euro auf 8,4 Mio. Euro. Weiters schlagen die lockdown-bedingten Einnahmen-Ausfälle in den Sport- und Veranstaltungszentren und im Telfer Bad empfindlich zu Buche.

Optimismus trotz Planungsunsicherheit

„Die Corona-Pandemie wird uns sicherlich noch Jahre mit ihren massiven wirtschaftlichen Auswirkungen begleiten. Diese wurden bereits im Nachtragsvoranschlag 2020 ersichtlich und bringen auch im Jahr 2021 eine große Planungsunsicherheit mit sich. Dennoch ist es uns gelungen, ein tragfähiges und belastbares Budget für das Wirtschaftsjahr 2021 zu erstellen“, berichtet der Gemeindechef. Der Finanzierungshaushalt ist mit einer Summe von € 44.737.200,- ausgeglichen. Man habe in den letzten Jahren eine solide Budgetpolitik verfolgt, so der Bürgermeister: „Das versetzt uns jetzt in die Lage, dass wir die Mindereinnahmen einigermaßen verkraften. Es ist gelungen, trotz äußerster Sparsamkeit die dringlichsten und notwendigsten Maßnahmen entsprechend zu berücksichtigen und in wichtige Zukunftsprojekte zu investieren.“ In den Ausgleich des Finanzierungshaushaltes fließen die COVID-19-Sonderfinanzzuweisung des Landes (617.000,-) und Rücklagen aus Grundverkäufen (500.000,-), auch wird die Laufzeit eines größeren Darlehens um zwei Quartale verlängert. Der Ergebnishaushalt inklusive Abschreibungen (5,9 Mio. Euro AfA = Absetzung für Abnutzung) weist ein negatives Nettoergebnis in Höhe von € 783.200,- aus. Auch die Mindereinnahmen der Abgaben-Ertragsanteile und Kommunalsteuern von rd. € 2,4 Mio. haben Auswirkungen im Ergebnishaushalt.

Mix aus Sparsamkeit und Investitionswillen

Ein Schwerpunkt im Investitionsprogramm 2021 liegt auf dem Ausbau der Kinderbetreuung. Größter Brocken ist die Sanierung des Kindergartens Markt und Erweiterung um zwei Kinderkrippengruppen. Kostenpunkt: 4,5 Mio. Euro, wobei 2,4 Mio. Euro von Land und Bund als Förderungen getragen werden. Weitere zwei Kindergarten- oder Kinderkrippengruppen sollen bis Herbst 2022 im Erdgeschoß eines Wohnbauprojektes am »Köll-Areal« im Telfer Obermarkt entstehen. Für den Ankauf der Räumlichkeiten und die Einrichtung sind rund 1,05 Mio. Euro aufzuwenden, vom Land fließen 400.000,- an Bedarfszuweisungen retour. Für beide Vorhaben wurden im Gemeinderat vom 17. Dezember 2020 die Grundsatzbeschlüsse mehrheitlich gefasst. Ins Geld gehen des Weiteren ein LFBW-Feuerwehrfahrzeug für Mösern (410.000,-, Zuschüsse und Förderungen 185.000,-), sowie der erste Teilbetrag des Hochwasserschutz Mösern-Pettnau mit 245.000,-. Auch die Neugestaltung des Ortszentrums, die neue Bücherei & Spielothek, die Park & Ride-Anlage Telfs-Pfaffenhofen sowie die Sanierungen im Sportzentrum belasten das Budget 2021 noch abrechnungstechnisch. In Summe verschlingen die neuen Projekte fürs kommende Jahr knapp 6,3 Millionen Euro abzüglich der ca. 2,9 Millionen an Zuschüssen und Förderungen. Die Marktgemeinde nimmt dafür neue Darlehen in Höhe von 3,3 Mio. Euro auf.

Die restlichen neuen Investitionen von rd. € 2,1 Mio. werden mit Eigenmitteln finanziert. Diese betreffen in erster Linie Instandhaltungen, Sanierungen und betriebliche Ausstattungen. Allein der Straßenbau und Straßensanierungen schlagen mit rund 1 Mio. Euro zu Buche. Für die weitere Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik kommen ca. 80.000,- Euro dazu. Diverse Instandhaltungen der Immobilien und der Einrichtungen der Marktgemeinde werden trotz höchstem Sparwillen mit 850.000,- Euro beziffert.

Keine Gebührenerhöhungen 2021

Trotz der angespannten Finanzlage sind für 2021 keine Gebührenerhöhungen vorgesehen. Lediglich bei den Kindergarten- und Kinderkrippenbeiträgen gibt es ab 01.09.2021 eine Indexanpassung von € 0,38 auf 0,39 brutto pro Stunde (Kindergarten) bzw. von € 1,60 auf 1,65 brutto pro Betreuungsstunde (Kinderkrippe). Ab 01.01.2021 kostet die Sommerbetreuung der Kindergartenkinder pro Betreuungsstunde € 0,74 statt bisher 0,72, der Kinderkrippenkinder € 1,65 statt bisher 1,60.

In Zahlen gegossene Politik

Bgm. Härting wies bei der Präsentation des Voranschlages 2021 auch auf die politische Komponente des mehr als 286 Seiten starken Zahlenwerks für die Entwicklung der drittgrößten Gemeinde Tirols hin: „Es zeigt, wie vielschichtig die Ansprüche und Erfordernisse an unsere Budgetpolitik sind. Es spiegeln sich die Vielfalt und die Bedürfnisse unserer Gesellschaft, unserer Bürgerinnen und Bürger darin wieder.“ Investitionen seien nicht nur trotz, sondern gerade wegen Corona wichtig: „Dass die Länder und Gemeinden weiter investieren, ist auch der ausdrückliche Wunsch unserer Bundesregierung. Nur so können wir die Wirtschaft stärken, wodurch wir wieder Steuereinnahmen lukrieren. Wir bekommen rund 1,7 Millionen Euro an Investitionsförderung des Bundes, müssen dafür aber mindestens das Doppelte investieren.“ In Summe legen alle Gemeindebetriebe und -verbände zusammen Budgetvoranschläge in Höhe von 71,8 Mio. Euro vor, das gesamte Investitionsvolumen beträgt 12,4 Mio. Euro. Der Gesamtschuldenstand beträgt zum 31.12.2021 unter 50 Mio. Euro. Größte Investorin ist mit Abstand die Marktgemeinde. „Trotz der enormen Investitionen, die unser Gemeindevermögen erhöhen, können wir mit Ende des Jahres 2021 den Gesamtschuldenstand senken“, so Bgm. Härting. Der Finanzierungshaushalt seit in der mittelfristigen Finanzplanung 2022 bis 2025 ausgeglichen, wenngleich „keiner von uns die finanziellen Auswirkungen in Zukunft voraussehen kann.“

Viel Lob, aber auch Kritik

Nach der Budgetrede des Bürgermeisters meldeten sich die Mandatare zu Wort. GR Simon Lung (WFT): „Jetzt in Krisenzeiten zeigt sich, dass Telfs in der Vergangenheit umsichtig gewirtschaftet hat. Trotz eklatanter Mindereinnahmen bei Ertragsanteilen und Kommunalsteuern ist es gelungen, ein solides Budget mit zukunftsweisenden Investitionen zu erarbeiten. Wohlgemerkt ohne Gebührenerhöhungen, ohne Subventionskürzungen und mit konsequenter Beibehaltung der Schuldentilgung. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist Telfs ein verlässlicher Partner für die heimische Wirtschaft. Die Richtung stimmt.“ Vize-Bgm. GV Christoph Walch (Grüne) pflichtet bei. Man habe schon mit dem Nachtragsbudget gezeigt, dass man flexibel sei und sich an veränderte Rahmenbedingungen anpassen könne: „Die Pandemie ist die Herausforderung unserer Zeit. Wir verscherbeln aber trotz Corona kein Familiensilber und die BürgerInnen kommen nicht zum Handkuss. Die öffentliche Hand darf gerade in der Krise nicht sparen. Wir haben als Kommune bei den Investitionen langfristig zu denken. Telfs hat ein sehr gutes Krisen-Budget erstellt, das in die Zukunft schaut.“

GR Norbert Tanzer (SPÖ/PZT): „Bei dem Budget geht es um die Frage, wie stark sind die Pandemie-Folgen? Da habe ich bei der Erstellung darauf einzugehen, ob es Kostensenkungsprogramme aufweist, ob Investitionen verschoben werden. Zweck ist, die Liquidität der Gemeinde abzusichern. Wenn ich mir das anschaue, haben wir 2021 eine Schulden- und Ausgabenexplosion.“ Bgm. Härting (WFT) entgegnet: „Der Bund zeigt es vor: Er gibt den Gemeinden Geld zum Investieren und darum machen wir es auch. Wie man es dreht und wendet, kann man halt auch alles negativ lesen.“

GV Angelika Mader (ÖVP): „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Für Telfs widerspricht sich das in jeglichem wirtschaftlichen Denken, weil in Zeiten wie diesen Investitionen in Millionenhöhe getätigt werden. Telfs ist anders. Es ist ein Vorschlag des Täuschen und Tarnens, in dieser Disziplin läuft der Bürgermeister immer mehr zu Höchstformen auf. Aber bezahlen wird die Rechnung die Bevölkerung in den folgenden Jahren.“ Fraktionskollege Güven Tekcan (ÖVP) ist anderer Meinung: „Investitionen durchzuführen zeigt eine Stärke der Gemeinde. Wenn ganze Betriebe wegen Corona zudrehen, darf die Gemeinde Telfs nicht schlafen. Das zeichnet eine Gemeinde aus, wir setzen die richtigen Schritte. Danke für dieses schwierige Budget.“

GR Herbert Klieber (BLT): „Wir werden beim Kindergarten ohne Bedarfserhebung mit einem Grundsatzbeschluss vor vollendete Tatsachen gestellt und haben danach nichts mehr zu husten – siehe Bücherei. Zur Begegnungszone: Ich war als einziger Gemeinderat dagegen. 3 Millionen auszugeben für so einen Stuss, da kann ich dem Budget sicher nicht zustimmen.“

GV Michael Ebenbichler (FPÖ): „Vieles von dem, was heute Thema ist, haben wir das ganze Jahr über beschlossen. Das Wort Voranschlag sagt ja schon, dass nicht alles in Stein gemeißelt ist. Es weiß niemand, was noch alles kommt. Das Budget ist sehr gut gemacht, alles Weitere sehen wir 2021.“

Der Gemeinderat beschloss mit 16:5 Stimmen den Voranschlag. Die Gegenstimmen kamen von GV Angelika Mader (ÖVP), GR Manfred Lerch (ÖVP), GR Norbert Tanzer (PZT/SPÖ), GR Sepp Köll (TN) und GR Herbert Klieber (BLT).

Foto: Bgm. Christian Härting präsentierte den Voranschlag für 2021. Links neben ihm: Kassenleiterin Doris Schiller, die mit ihrem Team das knapp 300 Seiten starke Zahlenwerk erstellt hat.

Foto: MG Telfs/Pichler