News

 

Telfs setzt Investitionsschwerpunkt bei der Kinderbetreuung

18.12.2020 15:07

Mit dem gemeinderätlichen Grundsatzbeschluss für die Sanierung des Kindergartens Markt und den Ausbau der Telfer Kinderbetreuungseinrichtungen startet ein wichtiger gesellschaftspolitischer Investitionsschwerpunkt. Mehr als 5,5 Millionen Euro nimmt die Gemeinde bis 2022 für Sanierung, Neubau und Erweiterung um vier Gruppen in die Hand.

Bereits seit mehreren Jahren steigt die Nachfrage nach Betreuungsplätzen in den öffentlichen Kindergärten und Kinderkrippen der Marktgemeinde kontinuierlich an. Alle 18 regulären Gruppen haben bereits die maximale Kinderanzahl überschritten und es können trotz aller Bemühungen nicht alle Kinder aufgenommen werden. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, in der Hauptsache für den Zeitraum von 7 bis 14 Uhr, aber auch ganztags, weil das KiKo (Kinderkompetenzzentrum) Telfs den Betreuungsbedarf bis 17 Uhr nicht mehr zur Gänze abdecken kann. Als erste Maßnahme sollen die Sanierung und der teilweise Neubau des Kindergartens Markt bis Herbst 2021 eine Entspannung der Situation bringen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 4,5 Mio. Euro. Eine Sanierung des KG Markt wird bereits seit dem Jahr 2015 diskutiert. In einem weiteren Schritt will die Gemeinde im Rahmen eines Wohnbauprojektes des gemeinnützigen Wohnbauträgers GHS am sog. »Köll-Areal« im Obermarkt Räumlichkeiten für zwei Gruppen integrieren. Der Ankauf von der GHS inkl. Einrichtung wird nach Schätzung mit ca. 1 Mio. Euro zu Buche schlagen, mit der Fertigstellung ist bis Herbst 2022 zu rechnen. Beide Projekte wurden im jüngsten Gemeinderat ausgiebig diskutiert und mehrheitlich beschlossen.

KG Markt wird saniert & erweitert

Über eine Sanierung des KG Markt wird bereits seit dem Jahr 2015 diskutiert. Der Kindergarten Markt ist die älteste Telfer Kinderbetreuungseinrichtung und die  „bautechnisch schlechteste“, wie es Bauamtsleiter Andreas Kluibenschedl in seiner Expertise ausdrückt: „Das Gebäude wurde in den frühen 1950er-Jahren errichtet und ist energietechnisch und bauphysikalisch auf unterstem Niveau. Hier besteht von der Bausubstanz her dringend Handlungsbedarf.“ Geplant ist nun, die markanten und soliden Bestandsgebäude im Norden und Süden zu sanieren. Der mittig gelegene Nord-Süd-Trakt jedoch, eine filigrane Holzfachwerkkonstruktion minderer Qualität mit schlechtesten Schall- und Dämmwerten, wird einem Neubau weichen. In Holz-Fertigteilbauweise sollen binnen 12 Wochen in der Sommerpause 2021 neue Räumlichkeiten nach heutigen Standards entstehen. Zusätzliche Räume für zwei weitere Gruppen decken den dringend notwendigen Bedarf, eine komplett neues Raumkonzept wird die Aufenthaltsqualität auf ein zeitgemäßes Qualitätslevel heben. Der Neubau wird teilweise unterkellert für Lagerzwecke. „Wir reißen ca. 600 m2 derzeitige Nutzfläche ab und schaffen auf nahezu gleicher Grundfläche 1.400 m2 neue Nutzfläche“, argumentiert Bauamtsleiter Kluibenschedl für den Neubau am bestehenden Standort. Dies entspreche einer sinnvollen Nachverdichtung eines idealen Standortes. „Damit erfüllt der KG Markt künftig auch den Vorgaben einer ganztägigen Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtung und den Bedürfnissen der Kinder, die bis zu 10 Stunden täglich die Einrichtung nutzen“, zeigt sich Daniela Faistenauer, Leiterin der Abteilung Bildung in der Gemeinde, erleichtert.

Sommerpause wird genutzt

Die architektonische Planung wurde vom Gemeinderat an die in Telfs ansässige Architekturhalle vergeben, die im Vorfeld bereits mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt war und die auch für die Gestaltung des KiKo verantwortlich zeichnete. Auch die weiteren Planerleistungen sind vergeben, denn die Zeit drängt: „Wir müssen die Planung, Ausschreibung und Vergabe im Laufe des Winters und Frühjahres unter Dach und Fach bringen. Ende Juni wollen wir durchstarten, um Sanierung und Neubau während der Sommerpause bis Herbst 2021 über die Bühne zu bringen.“ Aufgrund der kurzen Bauzeit mittels Holzfertigteilbau sei keine temporäre Ausweichlösung für den Kindergarten notwendig. Ein weiteres Argument für das Vorhaben ist der Austausch der Ölheizung gegen eine klimaneutrale Pellets-Heizung. Die bisherigen Heizkosten von ca. € 20.000,- pro Jahr werden durch den modernen Neubau auf einen Bruchteil reduziert. Der Grundsatzbeschluss im Gemeinderat wurde mehrheitlich gefasst. GR Norbert Tanzer (PZT/SPÖ) stimmte dagegen, GV Angelika Mader und GR Manfred Lerch (ÖVP) sowie GR Sepp Köll (TN) enthielten sich.

Neue Gruppen im Obermarkt

Ebenfalls mehrheitlich durchgewunken (dagegen: Tanzer und GR Herbert Klieber (BLT), enthalten: Mader, Lerch und Köll) hat der Gemeinderat die Schaffung zweier weiterer Gruppen – entweder Kindergarten oder Kinderkrippe, je nach Bedarf – im Obermarkt. Am dortigen Areal der ehemaligen Tischlerei Köll plant die GHS die Errichtung einer Wohnanlage. „Aufgrund der Nähe zum Kindergarten Lumma lag es nahe, in diese Wohnanlage eine neue Kinderbetreuungseinrichtung zu integrieren“, so Bgm. Christian Härting zur strategischen Überlegung. Die Räumlichkeiten mit einer Fläche von 262 m2 werden von der GHS errichtet und von der Gemeinde Telfs angekauft. Folgende Raumaufteilung ist vorgesehen: zwei Gruppenräume, ein Bewegungsraum, ein Ruheraum, Küche und Jausenraum sowie Nebenräume wie Büro, Garderobe, WC's, Wickelraum und Putzraum. Das im Westen angrenzende Grundstücksteil mit ca. 300 m2 kann als Spielplatz dienen. Synergien mit dem Kindergarten Lumma sollen genutzt werden.

Kinderbetreuung im Wandel

Daniela Faistenauer nennt Gründe für den „Run“ auf die Betreuungsplätze: „Wir beobachten seit Jahren einen gesellschaftspolitischen Wandel. Kinderkrippen und -gärten werden bewusster wie früher als Bildungseinrichtungen wahrgenommen. Die Akzeptanz für die Fremdbetreuung von Kleinkindern in der Kinderkrippe ist gestiegen. Immer mehr Kinder besuchen den Kindergarten für drei Jahre. Und immer mehr Elternteile sind berufstätig und damit steigt der Bedarf an ganztägigen bzw. ganzjährigen Angeboten.“

Reaktionen im Gemeinderat

„Wir diskutieren seit 2015. Es ist nun ein Gebot der Stunde, den Kindergarten zu sanieren und neue Plätze zu schaffen, zumal wir vom Bund 1 Mio. Euro COVID-Förderung für Investitionen bekommen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt“, betont Bgm. Härting (WFT) bei der Vorstellung des Projektes im Gemeinderat. Bildungsreferent GR Klaus Schuchter pflichtet bei: „Heute ist ein guter Tag für die Telfer Kinder. Sie bekommen zeitgemäße Räumlichkeiten. Aktuell haben wir eine Warteliste von 70 Kindern für Kindergarte- und noch einmal 25 Kindern für Kinderkrippenplätze. Wir schaffen nötige und adäquate Kapazitäten. Zentral im Ortszentrum, aber auch dezentral mit kleinen Einheiten in den Ortsteilen.“ Nicht gegen die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, aber gegen die Vorgangsweise argumentiert GR Manfred Lerch (ÖVP): „Diese Art der Herangehensweise hat eine schiefe Optik. Vor allem im Wahljahr.“ Seine Fraktionsführerin GV Angelika Mader: „Wir reden seit Jahren über Sanierungen der gemeindeeigenen Gebäude, aber nichts passiert. Mir fehlen die Alternativen.“ Auch GR Norbert Tanzer (PZT/SPÖ) äußert sich: „Jetzt fallen auf einmal 70 Kinder vom Himmel. Hat der Ausschuss geschlafen? Hier wird geheim geplant, ein Architekt beauftragt und das Projekt vorab der Presse präsentiert. Warum dürfen wir nicht mitreden? Ich bin dafür, das Geld in ein besseres Projekt zu investieren.“ GR Herbert Klieber (BLT) nennt das Köll-Areal „ein finsteres Loch“ und appelliert, die stark wachsende Südtiroler Siedlung bei der Schaffung von neuen Betreuungsplätze dringend zu berücksichtigen. GR Sepp Köll teilt dessen Meinung: „Wir schaffen einen Fleckerlteppich. In naher Zukunft brauchen wir gerade in der Südtiroler Siedlung eine größere Einheit.“ Er regt an, ein gemeinsames Projekt mit dem Poly Telfs anzudenken. Vize-Bgm. Christoph Walch (Grüne) kann die Dringlichkeit des Grundsatzbeschlusses verstehen: „Wir diskutieren seit Jahren und haben einen deutlichen Nachholbedarf. Es ist wichtig und richtig. Wir müssen aber auch eine langfristige denken und neue Lebensrealitäten – gerade in der Kinderbetreuung – in Strategien gießen.“ GV Michael Ebenbichler greift das Argument auf: „Wir besprechen das ja alles ausgiebig im Bildungsausschuss. Wir investieren mit diesen beiden Projekten sinnvoll.“

Bild oben: Mit dem Neubau des Nord-Süd-Traktes wird – auf nahezu gleicher Grundfläche – die Nutzfläche von derzeit 600 m2 auf 1.400 m2 erhöht. So kann ein zeitgemäßes Raumkonzept verwirklicht werden. Die beiden markanten Bestandsgebäude im Norden und Süden bleiben erhalten und werden saniert.

Visualisierungen: Architekturhalle Telfs

Bild unten: Der Kindergarten Markt wurde in den frühen 1950er-Jahren gebaut. Der Nord-Süd-Trakt ist am Ende seiner bautechnischen Lebenszeit angelangt.

Foto: MG Telfs/Pichler